P r e s s e s t i m m e n   ( A u s w a h l )

 

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Heider Anzeiger, Dienstag, 17. November 2009

Brillanter Interpret

Ingmar Schwindt begeistert mit Werken von Debussy und Beethoven

Von Werner Siems

Heide – Erneut hat sich gezeigt,wie beliebt die Postel-Soireen unter den Freunden gehobener klassischer Musiksind – die Veranstaltung am Sonntagabend war wieder ausverkauft. Und das aus gutem Grund:

Die Brahmsgesellschaft präsentierte einen Klavierabend mit dem Konzert-Pianisten Ingmar Schwindt. Schon vor vier Jahren begeisterte dieser als Gast der Brahmsgesellschaft seine Zuhörer. Und auch jetzt sollte ihm dies mit seinem anspruchsvollen Programm wieder gelingen. Zunächst entführte Schwindt seine Zuhörer in die Klang- und Zauberwelten von Claude Debussy und seinen "Préludes II“. Debussy, ein

Komponist an der Schwelle des 20. Jahrhunderts, bildet mit seiner Musik ein Bindeglied zwischen der Romantik und der Moderne. Er verlässt den gewohnten Rahmen der Klassik, steht am Beginn einer neuen musikalischen Ära. Seine Préludes haben keine vorgegebenen Titel. Gleichwohl sind sie aber am Ende des Werkes mit Unterschriften versehen wie "Nebel“ oder "Tote Blätter“. Diese erläutern aber lediglich die Inspirationen des Komponisten, absichtlich lassen sie dem Zuhörer genügend Freiraum für eigene Assoziationen. In einem seiner Projekte beschäftigt sich Ingmar Schwindt intensiv mit den Werken von Ludwig van Beethoven: "Beethoven ist für mich als Konzertpianist eine zentrale Figur, die viele faszinierende Facetten hat. Beethoven ist aber auch ein musikalischer Revoluzzer, der Formen gebrochen und Dinge in eine neue Form gebracht hat, die nicht mehr zu toppen waren.“ Aus dem Programm seiner fünf Abende unfassenden Konzertreihe Beethoven@night trug Schwindt zwei Stücke vor: Die Sonate Nr. 8, c-moll, op.13 (Pathétique) und zum Abschluss die Sonate Nr. 21, CDur, op.53, die als Waldstein-Sonate bekannt ist. Sowohl an das Instrument als auch an den Interpreten stellen die vorgetragenen Stücke hohe Ansprüche – die Ingmar Schwindt als Meister seines Faches aber souverän bewältigte. Er erwies sich als brillanter Interpret, der mit seinem Instrument zu verschmelzen schien. Mit seiner gleichsam einfühlsamen wie ausdrucksstarken Spielweise gelang es Schwindt, die ganze Schönheit des Klaviers zum Ausdruck zu bringen. Der Pianist bescherte den Zuhörern einen musikalischen Genuss auf höchstem Niveau.

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Memminger Zeitung 28. Juli 2009

Subtil und kraftvoll

Ottobeurer Konzerte Pianist Ingmar Schwindt begeistert beim Klavierabend im Kaisersaal

Ottobeuren | fw | Im kulturellen Überangebot der Juliwochenenden setzte der international tätige Pianist Ingmar Schwindt aus Kaufbeuren einen besonderen Glanzpunkt: Seine bei aller Jugendlichkeit stilsichere und souveräne Interpretation großer Meister löste im Kaisersaal der Benediktinerabtei gebanntes Lauschen und Entzücken aus. Nicht zuletzt bewog wohl der Blick auf das attraktive Programm viele Zuhörer, sich für den Abend mit edler klassischer Klaviermusik zu entscheiden: seine erstklassige Wahl!
Ein Vergnügen bereits zum "Aufwärmen“ waren die fünf ausgewählten Sonaten von Domenico Scarlatti, geistreiche Kabinettstücke, aus denen Schwindt fein schattiert die Strukturen herausarbeitete, dialogisch, kantabel, melancholisch nachdenklich oder fröhlich-virtuos mit übermütigen Triolenketten. Dem Italiener kontrastierend gegenübergestellt waren einige französische "Images“ von Claude Debussy, impressionistisch schwebende träumerische Tongemälde, bei denen Goldfische im Wasser vorüberziehen und Glocken durch das Geäst von Bäumen zu hören sind. Dass sich dabei ganz konkret die Basilika-Glocke mit dem Stundenschlag beteiligte, fügte der Musik eine ganz realistische Präsenz hinzu.
Zauberhaft transparent ließ Schwindt darauf Mozarts A-Dur Sonate
KV 331 folgen, kostete subtil den unterschiedlichen Charakter der einzelnen Variationen aus, zeichnete klare Melodielinien im anmutigen Menuett und entfesselte die schmetternde klingelnde „Türkenkapelle“ im finalen Rondo "Alla turca“.

Festlich-strahlende Polonaise

Bei Ludwig van Beethoven schließlich befand sich Schwindt ganz in seinem Element, näherte sich mit der festlich-strahlenden Polonaise op. 89 dem Hauptwerk des Abends, der Waldstein-Sonate in C-Dur op. 53 und verblüffte das Publikum mit einer fabelhaft überzeugenden kraftvollen Interpretation: das anfänglich pochende Suchen im ersten Satz, das Hervorheben von Motiven, modifizierte Wiederholungen wichtiger Themen, gewaltige Steigerungen ohne nachlassende Energie und die Wiedergabe des spannungsgeladenen Adagios, bis sich endlich das Rondothema aus den umspielenden Figuren herauslöst – es war so spannend und still im Kaisersaal, als befände sich dort niemand, nur der Pianist auf der Bühne. 30 Mal erscheint dieses schlichte Thema in 540 Takten unter ständig wechselnden Farben, ein Kraftakt, den Schwindt mit brilölianter Technik und hoher Musikalität meisterte, einschließlich dem furiosen Prestissimo, bei dem er in aberwitzigem Tempo über den Flügel jagte. Drei Zugaben bekam das begeisterte Publikum noch geschenkt, Brahms und ebenso hinreißend wie vorher: Beethoven.

 

 

Oberhessische Presse, 12. Januar 2009

Brillianter und klangmächtiger Virtuose

Der Pianist musizierte am Samstag in der Stadthalle Marburg vor 750 Zuhörern gemeinsam mit der Philharmonie Pilsen unter der Leitung von Jiri Malat.

von Michael Arndt

 

Marburg. Ingmar Schwindt und Jiri Malat waren vor genau fünf Jahren schon einmal zu Gast beim Marburger Konzertverein. Gemeinsam mit dem WDR-Rundfunkorchester aus Köln boten sie damals Ludwig van Beethovens fünftes Klavierkonzert. Diesmal kamen sie gemeinsam mit dem Radio-Sinfonieorchester Pilsen in die Stadthalle, das auf Tourneen als Philharmonie Pilsen firmiert. Auf dem Programm standen drei überaus populäre Meisterwerke der Romantik, die erstaunlicherweise beim Konzertverein schon seit Ewigkeiten nicht mehr zu hören gewesen waren.

Seit der Erfindung der Lang­spielplatte gibt es die Klavierkonzerte von Robert Schumann und Edvard Grieg fast immer im Doppelpack, was aus mehreren Gründen nahe liegt: Zum einen hat sich Grieg 1868 bei der Komposition von dem 27 Jahre älteren Werk seines großen Vorbildes Schumann inspirieren lassen, was sich nicht nur in der Wahl derselben Tonart a-Moll niederschlägt, zum anderen haben beide Konzerte mit jeweils knapp 30 Minuten Spieldauer genau die richtige Länge für eine LP-Seite.

Im Konzertsaal hört man sie jedoch nur äußerst selten an einem Abend, weil jedes für sich eine Herausforderung an den Pianisten ist. Insofern: Hut ab vor Ingmar Schwindt, der sich am Samstag in Marburg gleich an beide Werke traute. Und dieses Lob wird auch nicht geschmälert durch die Tatsache, dass er zu jener überschaubaren Zahl von Pianisten zählt, die in ein und demselben Programm die beiden noch schwieriger zu meisternden Klavierkonzerte von Johannes Brahms musizieren.

Wenn Ingmar Schwindt am Flügel sitzt, hat er im Profil eine erstaunliche Ähnlichkeit mit Abbildungen von Robert Schumann, wobei dieser sein einziges Klavierkonzert nicht selbst gespielt, es vielmehr seiner Frau Clara maßgeschneidert hat. So kann man die wundervolle Melodie, die das Konzert eröffnet, als Liebeserklärung deuten, die auch jene dunklen Wolken widerspiegelt, die lange Zeit über dem Künstlerpaar hingen.

Schwindt ließ dieses durch und durch romantische Thema mit einem Höchstmaß an Miterleben und Mitleiden singen, ohne jedoch ins Sentimentale abzugleiten. Schlicht und beseelt musizierte er auch den Mittelsatz, wobei er mit zarten Arabesken den sehnsüchtigen Gesang der Violoncelli umrankte. Die virtuosen Passagen etwa des Finales bewältigte er mit einer Mühelosigkeit, die atemberaubend war.

Im Grieg-Konzert widmete sich Schwindt mit Hingabe und poetischem Einfühlungsvermögen der von norwegischer Folklore durchdrungenen Melodienseligkeit und brillierte als klangmächtiger Virtuose, wofür sich die 750 Zuhörer mit kräftigem Beifall und Bravorufen bedankten.

Nach dem Schumann-Konzert war der Applaus noch etwas zögerlich gewesen, was vielleicht daran lag, dass die Philharmonie Pilsen dort nicht mehr als solide begleitet hatte. Wie ausgewechselt wirkte das Orchester unter der Leitung seines so präzisen wie die dramatischen Kontraste liebenden Chefdirigenten Jiri Malat nicht nur im Grieg-Konzert, sondern bereits in der zwischen den beiden Klavierkonzerten gespielten ersten Sinfonie von Schumann, der sogenannten Frühlingssinfonie: ein Werk des Aufbruchs, mit dem sich der Komponist auf Anhieb vom übermächtigen Vorbild Beethoven befreite - so, wie der Frühling den Winter besiegt.

 

 

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Probenimpressionen mit Jiri Malat

  
 

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Allgäuer Zeitung, 09. November 2008

Eintauchen in eine große Gefühlswelt
Konzert Pianist Ingmar Schwindt eröffnet im Theater-Oben seinen Beethoven-Zyklus
Von Rainer Schmid

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Kempten Ein Pilzkopf im Frack, der an Paul Mc Cartney in seinen besseren Jahren erinnert: Ingmar Schwindt aus Kaufbeuren erläutert und spielt Beethoven-Klavierwerke im intimen Theater-Oben im Stadttheater. Die erste der fünf "Beethoven-Nächte" war mit 83 faszinierten Besuchern ein Volltreffer.

Der 31-jährige Pianist, schon vielfach preisgekrönt, ist nur wenig älter als Ludwig van Beethoven beim Komponieren seiner ersten Klaviersonaten. Und es gelingt ihm verblüffend gut, in die Rolle des genialen Musikschöpfers vor gut 200 Jahren zu schlüpfen.
Seine Interpretation der drei Sonaten Nr. 1, 7 und 8 klingt authentisch, voll nachgefühlter Leidenschaft, dabei technisch brillat. Man spürt es als zuhörender Beobachter fast körperlich: Schwindt hat sich mit dem Menschen Beethoven, seiner "starken, rebellischen Autorität" auseinandergesetzt.
"Fürsten gibt es viele - Beethoven gibt es nur einen." Mit diesem berühmten Zitat des Meisters fasst Schwindt seine einführenden Erläuterungen zur Lebenssituation des Musik-Pioniers um 1800 zusammen.

Spannungsgeladene Stille
Beim Vortrag der ersten Sonate hört dann auch der weniger geübte ein paar revolutionäre Besonderheiten heraus, auf die Schwindt aufmerksam gemacht hat: das "Du musst es dreimal sagen" in steigernder Intensität, die aufmüpfigen Gegen-Akzente in der metrischen Norm, die Pausen als neuartig spannungsgeladene Stille.

Die Sonate Nr. 7 in D-Dur bringt wieder ganz andere, eigenartige Klangwirkungen aus Helligkeit und Finsternis.
Ingmar Schwindt meißelt im langsamen Largo-Satz die Melodie expressiv heraus, lässt den Flügel im Theater-Oben singen, soweit das möglich ist. Streut die überraschend abgerissenen Akkordblöcke so pausen-spannungsreich ein, dass die Kerzen auf den Tischchen in ihren Glasbehältern nicht mehr zu flackern wagen.

"Ich will dem Schicksal in den Rachen greifen!", soll Beethoven beim Entstehen der Sonate Nr. 8, der "Pathétique", gesagt haben. Denn jetzt, 1798, steht die schreckliche Ertaubung fest - aber auch das rebellische "Trotzdem!" des Musikschöpfers. Und diesen Wechsel von Depression und Auflehnung gestaltet auch Ingmar Schwindt in Beethovenscher Klavierkunst so phänomenal, daß der enthusiastische Beifall der Zuhörer kein Ende nehmen will.

  Scherz und Schmerz
Die "Wut über den verlorenen Groschen", das Capriccio Op.129, wirkt danach wie eine vorgezogene Zugabe, im Turbo-Tempo auf bravouröse Technik angelegt und zelebriert. Als "echte" Zugabe spielt Schwindt noch eine Bagatelle aus Op. 119, luftig und erdenschwer, ernsthaft witzig wirkend im Gegeneinander von Scherz und Schmerz: typisch Beethoven.

 

 

 


Allgäuer Zeitung, 20. Januar 2009

Diesmal sind Raritäten dran

Klavier solo Ingmar Schwindts feine Beethoven-Interpretationen-Junges Publikum

VON RAINER SCHMID

Kempten Auffallend junges Publikum bevölkerte das "Theater-Oben" bei der dritten der fünf Beethoven-Klaviernächte mit dem Kaufbeurer Pianisten Ingmar Schwindt. Diesmal wurden "Raritäten" geboten. Stücke also, die man selten zu hören bekommt. Im Konzertsaal. Dafür umso häufiger in den Musikschulen und in bürgerlichen Wohnstuben. Denn die beiden frühen Sonaten op. 49 Nr. 19 und 20 werden von Pianisten eher "gemieden, weil sie einfach zu leicht sind"", wie Schwindt erläuterte.
Also sind sie schon "machbar" für jemanden, der ein paar Jahre Klavierunterricht hat und kein Profi werden will. Und tatsächlich, spätestens beim beliebten "Tempo di Menuetto" der G-Dur-Sonate geht eine Bewegung durch den Saal - und über so manches junge Gesicht ein Leuchten des Wiedererkennens: Das hab ich auch schon gespielt!
Aber wie spielt ein Profi namens Schwindt diese schlichten, Mozart-ähnlichen Stücke? Scheinbar einfach: So, wie ein Beethoven Mozart spielen würde. Schwindt schafft die Balance, die Gratwanderung zwischen Spieluhr-Leichtsinn einerseits und Überpointieren zwecks Bedeutungs-Vortäuschung andererseits.
Darin kommt er Friedrich Gulda gleich, der auf seiner Metronome-Einspielung aus den 1970er Jahren ebenfalls die Sonaten Nr. 19 und 20 mit Nr. 24 und 25 bündelt. Diese letzteren beiden späteren Werke sind tatsächlich kaum gehörte "Raritäten". Obwohl sogar Beethoven selbst die Nr. 24 in Fis-Dur höher schätzte als seine schnell populäre "Mondscheinsonate".
Schwindt spürt hier leidenschaftlich und genau-expressiv der mustergültigen Verarbeitung des Themas nach. Stellt schön die Moll-Version heraus. Bringt markant-hämmernd das wiederholte Schlussmotiv zur Geltung, das klingt wie "Britannia rule the waves!"
"Mit der kleinen, charmanten Sonatine in G-Dur op. 79 wollte Beethoven sich schlicht amüsieren - was sein gutes Recht ist", kommentiert Schwindt das Schlusslicht seiner Raritätensammlung (zu der eingangs auch die Polonaise C-Dur gehört, dann die sechs Ecossaisen, die Variationen D-Dur als martialischer "Türkischer Marsch" mit gedachtem Janitscharenzug, sowie die disparat wirkende Fantasie H-Dur). Hier klingt nicht Mozart an, sondern Schubert mit seiner herzenswarmen Melodik. Als Betthupferl, zuckerfrei und dennoch süß, gibt Schwindt eine Stunde vor Mitternacht noch eine Bagatelle aus op. 119 zu.

 

 

 

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Schwarzwälder Bote 19.Dezember 2005
KULTUR / Ingmar Schwindt lässt Beethoven für sich sprechen

„Elise" bekommt ihre Poesie zurück
von Friedrich Dold

Ein Beethoven-Klavierabend bei den Balinger Konzerten: das hat es lange nicht mehr gegeben. Das Publikum scheint entwöhnt; nur der harte Kern der Kammermusikfreunde fand den Weg in die Stadthalle und erlebte, dass sich der junge Pianist Ingmar Schwindt mit jedem messen kann und es bei den Zugaben sogar schafft, der viel malträtierten „Elise" ihre Poesie zurückzugeben.
BALINGEN, Schwindt ist noch keine 30, aber bereits ein Meister überlegter und konsequenter Programmgestaltung. Mit seinen Zuhörern schritt er Beethovens ganzes Künstlerleben aus und berührte alle Gattungen, die für Beethovens Klavierwerk zentral sind.
Auch als Interpret bewies er erstaunliche Reife und die nötige Souveränität, die Werke ganz für sich sprechen zu lassen und seine makellose, ausgefeilte Technik völlig natürlich und unaufdringlich in ihren Dienst zu stellen. Drei Sonaten bildeten das Gerüst des Abends: die erste, die berühmteste und die letzte. Dazwischen schoben sich eine Variationenkette (op. 34) und die einzige „Fantasie" (op. 77), die der Meister-Improvisator Beethoven schriftlich festgehalten hat (was gäben wir um einen Konzertmitschnitt aus Beethovens Zeit!).
In beiden Fällen machte Schwindt das Charakteristische deutlich: bei den Variationen die oft abenteuerliche Reise, auf die Beethoven den Interpreten und die Hörer schickt, um sie verändert und bereichert wieder heimkehren zu lassen, und bei der Fantasie die Tatsache, dass es sich auch hier um ein bewusst geformtes Kunstprodukt handelt.
Bei den Sonaten zeichnete sich Schwindts Interpretation dadurch aus, dass sie gängige Klischees nicht bediente. So machte er nicht den Fehler, bei Beethovens erster Klaviersonate (f-moll, op. 2/1) den jungen Wilden zu markieren. Hier spricht ein Komponist, der die Tradition des 18. Jahrhunderts nicht verleugnet, sich seines Handwerks und seines eigenen Tons aber ganz sicher ist. Kopfsatz und Menuett waren in Schwindts Händen eher von Understatement geprägt - erst im Finale kam zum Ausdruck, was an Energien schon in den Eingängssätzen rumort hatte.
„Appassionata" hatte ein Hamburger Verleger die Sonate in f-moll op. 57 etikettiert. Das ist nicht falsch, aber missverständlich und darf den Pianisten nicht dazu verleiten, das Werk als Eruption purer Leidenschaft unkontrolliert hinzuwuchten-Schwindt interpretierte überzeugend, mit erregendem Schwung, fürchtete sich weder vor ekstatischen Aufschwüngen noch vor Abstürzen ins Bodenlose - aber man spürte in jedem Takt, wie sorgfältig er den Notentext gelesen hatte und wie genau er Beethovens Anweisungen umsetzte.
Schließlich Beethovens letzte Klaviersonate op. 111. Wohltuend:Schwindt mystifizierte sie nicht,spielte sie nicht als weltentrücktes,abstraktes Gebilde, sondern als blutvolle Musik, wenn auch auf einem „ungenügenden Instrument",wie Beethoven das Klavier lebenslang einschätzte. Gerade von diesem Ansatz her wurde es den Zuhörern dann zum Erlebnis, wie in der Arietta Klang und Struktur sich immer mehr entmaterialisieren und an eine Grenze stoßen. Entsprechend war der Schluss gestaltet: nicht tröstlich, begütigend, sondern als offene Frage. Und solange Beethovens Werk Fragen an uns stellt, bleibt es lebendig und wichtig.

 

 


Schlizer Bote, 02. März 2005
 

Standing Ovations für
Ingmar Schwindt

Der junge Ausnahmepianist zum zweiten Mal im Gartensaal

SCHLITZ (psb). Es war schon so etwas wie ein musikalischer Rausch, in den der junge Pianist Ingmar Schwindt am Freitag und Samstag sein Publikum im Gartensaal der Hallenburg versetzte. Bereits im November letzten Jahres hatte er die Zuhörer zu Bravorufen hingerissen. Dieses Mal gab es sogar Standing Ovations.

Die Begeisterung und die große Nachfrage veranlassten Akademieleiter Gerhard Becker dazu, den Pianisten zu einem Doppelkonzert einzuladen und tatsächlich war der Gartensaal an beiden Abenden gut besetzt. Der gerade mal 28-jährige Kaufbeurer machte wiederum überdeutlich, dass er sich mit seinen jungen Jahren bereits auf einer künstlerischen Höhe bewegt, die nur wenige erreichen. Dass er ein brillanter Beethoven-Interpret ist, hatte er schon im letzten Jahr gezeigt und auch diesmal war ein wesentlicher Teil des Konzerts dem Meister gewidmet. Mit den vier Variationen op. 34 und der E-Dur-Sonate op. 109 wurde Beethovens kompositorische Entwicklung deutlich. Ingmar Schwindt faszinierte mit dem gleichen intensiven, ebenso kraftvoll wie sensiblen Spiel, das er schon anfangs bei den vier Balladen op. 10 von Johannes Brahms demonstriert hatte.

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Robert Schumanns "Kinderszenen" op. 15 bildeten einen Höhepunkt des Programms, nicht nur, weil sie weithin bekannte Themen enthalten. Ingmar Schwindts hochkonzertriertes Spiel schöpfte die Möglichkeiten des prächtigen Steingraeber-Flügels bis in die zarteste Nuance aus, ebenso wie bei Schumanns Symphonischen Etüden op. 13. Damit endete unter frenetischem Applaus und Beifallstrampeln das offizielle Programm. Einen weiteren unbestreitbaren Höhepunkt setzte Schwindt dann noch mit seiner ersten Zugabe, "La Campanella" von Franz Liszt. Diese Paganini-Transkription geht an die Grenzen der technischen Möglichkeiten von Interpret und Instrument. Einfach bewundernswert, wie leicht, souverän und selbstverständlich Schwindt dieses Kabinettstück hinlegte. Wie spielerisch zauberte er die atemberaubenden Läufe über die gesamte Tastatur, ein musikalisches Erlebnis, das man so leicht nicht vergisst.


Mit der zweiten und letzten Zugabe, dem Intermezzo op. 116 von Johannes Brahms, schloss sich der musikalische Kreis und danach hielt es das Publikum nicht mehr auf den Stühlen. Bravorufe und donnernder Applaus verabschiedeten den großartigen jungen Künstler. Der musikalische Rausch war zu Ende.